Berliner Wasserrat, 12.05.2022: TESLA-Gigafactory und Klimawandel:
Auf der Suche nach einer echten Mobilitätswende
Vortrag Dr. Heidemarie Schroeder, Mitglied Bürgerinitiative Grünheide und der Wassertafel Berlin-Brandenburg
Die Bürgerinitiative Grünheide kämpft seit 2 1/2 Jahren gegen die Teslaansiedlung in Grünheide. Ihre Hauptkritikpunkte sind dabei das Genehmigungsverfahren, in welchem Rechte von Anwohnern nicht existieren, wie auch Sorgen um das Trinkwasser der Region bis übergreifend nach Berlin sowohl in Quantität als auch in Qualität.
Die Wasserquantität
Der Wasserverauch:
Die Region, die als Standort für die Teslaansiedlung gewählt wurde, gehört zu den trockensten Deutschlands. In den Trockenjahren 2017, 2018 und 2019 waren die Wasserspeicher des Versorgers fast gänzlich geleert. Es ist ein Absinken des Wasserspiegels sowohl der Oberflächengewässer als auch des Grundwassers um mehr als 1.5 m zu verzeichnen. Die Auswirkung der Trockenjahre auf den Grundwasserspiegel haben dabei eine gewisse Latenz, d.h. werden sich erst langsam manifestieren. Zudem drohen auch das Jahr 2022 wie auch weitere Jahre niederschlagsarm zu werden.
Der Wasserverband Strausberg-Erkner hatte bereits im Jahre 2018 wegen der Wasserknappheit in der Region gefordert, kurz- und mittelfristig keine weitere Ansiedlung von Industrie und Gewerbe zu genehmigen. Stattdessen wurde mit Tesla die Ansiedlung von Grossindustrie vorangetrieben und durch das Landesamt für Umwelt eine Mehrförderung von Wasser im Rahmen der von Tesla beantragten Mengen vorauseilend gestattet. Zwei Fakten sind hierbei zu beachten: Die blosse Genehmigung einer Mehrförderung führt keineswegs zu einem erhöhten Wasserdargebot z.B. durch steigende Niederschläge und die von Tesla beantragte und vom Umweltamt genehmigte Mehrförderung von 1.4 Millionen Kubikmeter Wasser decken weder die geplanten weiteren Ausbaustufen Teslas noch den Bedarf von nachziehender Zulieferindustrie, Gewerbe, Wohnbebauung etc.. Der Wasserverband Strausberg-Erkner sieht sich daher schon jetzt gezwungen, gegenüber Privathaushalten Wasserrationierungen auszusprechen und weiteren Neuansiedlungen – z.B. einer Schule und einem Schulhort in seinem Versorgungsgebiet – die Versorgung zu versagen.
All das erscheint unter einem besonders schlechten Licht, da Tesla die Implementierung eines geschlossenen Wasserkreislaufs verweigert.
Die Wasserqualität
Die Geohydrologie Freienbrinks
Es gibt in Freienbrink, was das Wasser betrifft, eine entscheidende Besonderheit: 2/3 des Baugrundes befinden sich in einem Wasserschutzgebiet. Wenige Meter unter der Erdoberfläche verlaufen 7 – 9 Grundwasserleiter, aus welchen sich die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung speist. Die diese Grundwasserleiter abdeckende dünne Bodenschicht besteht aus feinen und mittelfeinen Sanden. Schadstoffe, die versehentlich in den Boden gelangen, erreichen folglich hindernisfrei das Grundwasser und damit unser Trinkwasser. Das Wasserschutzgesetz, welches hier gilt, verbietet vorsorglich die Ansiedlung von Chemiefabriken wie auch das Anlegen von Bohrungen. Teslas Batteriefabrik IST eine solche Chemiefabrik und Tausende von Bohrungen bis in die zweite grundwasserleitende Schicht hinein wurden zur Fundamentsicherung des Werkes vorgenommen. Ein Störfall im April dieses Jahres, bei dem ein kompletter Tanklastwagen Lackierflüssigkeit auslief, zeigt, dass die Warnungen der Teslagegner vor einer Trinkwassergefährdung keine Unkenrufe sind. Verschlimmernd wirkt sich aus, dass keine Folien zum Schutz des sensiblen Grundes unter dem Beton des Fundamenbts verlegt wurden, kein Monitoring durchführt wird und kein ausreichendes Störfallkonzept vorliegt. Ebenso erfolgte bis heute keine komplette Offenlegung aller zum Einsatz kommenden Gefahrenstoffe (angebliche Betriebsgeheimnisse) und wurden keine Untersuchungen des Ausgangszustandes des Baugrundes durchgeführt.
In Brandenburg, also auch durch die Wasserwerke Strausberg-Erkner, wird Trinkwasser aus Grundwasser gewonnen, in Berlin dahingegen zum grossen Teil aus dem Uferfiltrat von Flüssen und Seen. Es ist daher für uns als Wassertafel Berlin-Brandenburg wichtig zu wissen, wie es um die Einleitung von Abwässern in die Spree und den Müggelsee steht. Das Abwasser aus dem Berliner Südosten gelangt bisher erst HINTER dem Müggelsee über die Erpe in die Spree. Aus einem für Teslas Abwässer neu zu bauendem Klärwerk in Freienbrink soll das Abwasser zukünftig VOR dem Müggelsee in die Spree eingeleitet werden. Bei dem Müggelsee handelt es sich um den grössten Reinwasserspeicher der Berliner Wasserbetriebe, der somit belastet werden soll. Trinkwasserrelevante Mikroverunreinigungen, wie Benzotriazol, kommen regelmässig zum Einsatz, wenn mit Metallen gearbeitet wird. Tesla verneinte während der Erörterungen, dass Benzotriazol ein Problem darstellen könnte. Da die Entgegnung Teslas auf angesprochene Probleme 500 Male „trifft nicht zu“ lautete, ist hier gesundes Misstrauen angesagt.
Das in Friedrichshagen ansässige Leibnitzinstitut für Gewässerökologie und Binnenfischerei meldet jedenfalls Bedenken an, was die Einleitung von Abwässern in Spree und Müggelsee betrifft. Von der Lausitz bis zum Müggelsee, also bis zu den BWB in Friedrichshagen, gibt es bisher keinerlei Grossindustrie. Mit Tesla erfolgt die Ansiedlung einer solchen geradezu vor der Nase der Berliner Wasserbetriebe.
Das Genehmigungsverfahren
Das Genehmigungsverfahren für das Teslawerk erfolgte nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Verfahren nach dem BImSchG verlaufen REIN antragsgebunden, d.h. Auswirkungen, die durch Tesla angestossene Entwicklungen, Werkserweiterungen, die Umwidmung einer genehmigten Lagerhalle in eine Batteriefabrik usw. auf das Berliner und Brandenburger Trinkwasser haben, werden nicht berücksichtigt. Ein Genehmigungsverfahren nach dem Wasserhaushaltsgesetz hingegen verlangt nach §12a eine solche Berücksichtigung von Folgewirkungen und wäre hier dringend indiziert gewesen. Zudem erlaubt eine „Lücke“ im BImSchG, dass mittels Genehmigungen zum vorzeitigen Baubeginn bis zum Probebetrieb einer Anlage drauf zu gebaut wird, so dass das unumkehrbare Fakten geschaffen werden und das Verfahren seiner präventiven Funktion beraubt wird.
… und weiter …
Hätten wir uns heute mit unserem Thema nicht einen anderen Rahmen gesetzt, würde ich gerne noch über die Missachtung von Bürgerechten, die Zerstörung von Wald, Mooren, Sümpfen und die Vernichtung von Lebensraum geschützter Arten sprechen. So gebe ich das Wort an Wolfgang Lohbeck weiter, der als jahrzehntelanger Mobilitätsexperte von Greenpeace geschaut hat, ob schwere batteriegetriebene Elektroautos, wie Tesla sie produziert, wirklich einen solchen Gewinn für unsere Umwelt darstellen, dass sie alle Opfer rechtfertigen.