Der Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers ist alarmierend und es ist bundesweit dringend Handlungsbedarf angesagt, denn laut Umweltministerin Steffi Lemke sind, mit Blick auf die Weltnaturkonferenz in Montréal vom 7. bis 19. Dezember 2022, „wir weder Vorbild noch Vorreiter“. Denn die Quecksilberbelastung, vor allem eine Folge der massiven Kohlestromerzeugung in Deutschland, liegt beinahe flächendeckend über den in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) festgeschriebenen Grenzwerten. Derartige Überschreitungen gefährden nicht nur Tiere und Pflanzen in den Gewässern, sondern auch die menschliche Gesundheit.
Die aktuellen Ergebnisse zum Gewässerzustand, den wesentlichen Belastungen und Auswirkungen wurden nun vom Umweltbundesamt am 22.10.2022 veröffentlicht: Nur 1 Prozent der Oberflächengewässer und 53 Prozent der Grundwasserkörper gelten rückblickend fürs Jahr 2021 laut Behörde als unbelastet. Gewässernutzungen setzen oft einen gravierenden Ausbau, eine massive Ufersicherung, die Begradigung und den Aufstau der Gewässer voraus. Davon sind 86 Prozent der Gewässer betroffen. Ob Grundwasser oder Oberflächengewässer, Belastungen durch Stoffeinträge treten fast überall auf. Sie belasten 42 Prozent des Grundwassers und 98 Prozent der Flüsse, Seen und Küstengewässer.
Gegenwärtig erreichen zudem nur 9 Prozent aller Oberflächengewässer einen sehr guten oder guten ökologischen Zustand bzw. Potenzial. Das ist erst ein Prozent mehr als 2015. Auch die Zahl der schlecht bewerteten Wasserkörper hat bundesweit laut Umweltbundesamt erst im gleichen Umfang abgenommen. Mit den geplanten Maßnahmen bis 2027 könnten nur 18 Prozent der Gewässer die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreichen. Heute weist kein Oberflächengewässer in Deutschland einen guten chemischen Zustand auf. Das ist vorrangig damit begründet, dass sich Quecksilber über die Verbrennung fossiler Brennstoffe über die Luft ausbreitet und sich flächendeckend in Boden und Wasser ablagert. Auch andere Schadstoffe sind laut Umweltbundesamt Grund für diese Zielverfehlung. Der fortwährende Gewässerausbau führt zu monotonen Gewässern, die kaum noch die frühere Vielfalt an Lebensräumen und Lebewesen zu bieten haben. Solche Gewässer haben geringere Selbstreinigungskraft und sind weniger widerstandsfähig, zum Beispiel auch gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels.
Der Erhalt der Artenvielfalt als wichtige Lebensgrundlage ist eine globale Aufgabe
Die Konferenz von Rio 1992 hat ein internationales Bewusstsein und Verpflichtungen zum Erhalt der Biodiversität geschaffen. Europa setzt den Rahmen für das nationale Handeln der Mitgliederländer, z.B. über Natura 2000, Wasserrahmenrichtlinie und mittels Cross-Compliance-Förderung. Unter letzterem Aspekt versteht man die Bindung bestimmter EU-Agrarzahlungen an Verpflichtungen u.a. aus dem Bereich des Umweltschutzes.
Die Wasserrahmenrichtlinie ist ein Gesetzeswerk der EU mit dem Ziel, alle Gewässer – Grundwasser, Flüsse, Seen und Küstengewässer in einen „guten Zustand“ zu versetzen. Die Europäische Union (EU) verfolgt mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (2000/60/EG) aus dem Jahr 2000 ein ganzheitliches Schutz- und Nutzungskonzept für die europäischen Gewässer. Für die Umsetzung des „guten Zustands“ der Gewässer hatte die Wasserrahmenrichtlinie ursprünglich das Jahr 2015 als Frist gesetzt. Deutschland hat hier jede Verlängerung mitgenommen und es ist unmöglich, dass die neuerliche Fristverlängerung bis 2027 ausreicht. Denn die Lobby aus Agrarindustrie, Schifffahrt, Verkehr und Bergbau verhindern eine konsequente Umsetzung in Deutschland. Die Wasserrahmenrichtlinie ist eine große Chance, einen nachhaltigen Umgang mit unserem Lebenselixier Wasser zu schaffen.
2020 stellt das EU-Parlament in seinem „Review-Prozess“ fest, dass die Umsetzung der WRRL verbessert und beschleunigt werden muss, indem die einschlägigen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einbezogen und die Ziele der WRRL in die Bereiche Landwirtschaft, Verkehr und Energie besser integriert werden müssen. Nur so lasse sich sicherstellen, dass sich alle Oberflächen- und Grundwasserkörper bis spätestens 2027 in einem guten Zustand befinden. Entgegen der Einwendungen aus den Mitgliedstaaten und den Erwartungen an den Fitness-Check, kam auch das Parlament zu dem Ergebnis, dass keine Überarbeitung der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich ist. Das Parlament fordert die Kommission sogar auf, zu erklären, dass die Wasserrahmenrichtlinie nicht überarbeitet wird.
Review-Prozesse dienen eigentlich dazu, europäische Gesetze auf ihre Wirksamkeit und Effizienz hin zu überprüfen. Im Jahr 2027 wird es die Richtlinie 27 Jahre lang geben. Neun Jahre waren für die Schaffung der Verwaltungsstrukturen vorgesehen, 18 Jahre für die Umsetzung der Maßnahmen. Die Wasserrahmenrichtlinie muss jetzt sofort konsequent umgesetzt werden, denn die Kommission hat Deutschland bereits des Öfteren dazu ermahnt.
In Deutschland wurde jedoch für über 90 Prozent aller Flüsse und Seen die Frist auf 2021 bzw. sogar schon auf 2027 verlängert – oft zu unrecht. Daher haben die Umweltverbände BUND und der Nabu eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Eine solche Beschwerde einzureichen war jedoch nicht einfach. Es war ausschließlich möglich, Verstöße gegen Formalien zu beklagen, nicht jedoch die Versäumnisse in Bezug auf konkrete Maßnahmen. Diese Formalien lassen sich den Hauptschuldigen, zum Beispiel der Agrarindustrie, nur schwer nachweisen.
Folgende Formalien konnten klar juristisch nachgewiesen werden
- Bundeswasserstraßen: Es ist nach wie vor nicht geregelt, wer für alle großen Flüsse Deutschlands zuständig ist. Es fehlt nach wie vor eine Klärung der politischen Zuständigkeit. Die Bundeswasserstraßen stehen im Eigentum des Bundes. Aktuell werden dennoch keine ökologischen Maßnahmen ergriffen, da die Kompetenzverteilung unklar ist.
- Sanierungsplan: Alle Gewässer, die in keinem „guten Zustand“ sind, brauchen einen Sanierungsplan, der konsequent durchgeführt werden muss.
- Landwirtschaft. Leider hat sich gezeigt, dass Maßnahmen auf freiwilliger Ebene wie Beratungen zu selten tatsächlich zur Anwendung kommen. Auch die Einsicht, dass dies notwendig ist, fehlt hier häufig.
Die Qualitätsziele der WRRL lauten
- Weitgehend natürliches Vorkommen von Wirbellosen, Wasserpflanzen, Aufwuchsalgen und Plaktonalgen und Fischen
- Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen für alle Lebewesen
- Sanierte, naturnahe und naturbelassene Uferzonen
- Schadstoffkonzentrationen innerhalb der Grenzwerte
- Wandel vom sauberen Wasser zum lebendigen Wasser
Ab sofort darf sich also der Zustand nicht mehr verschlechtern. Um diese Ziele zu erreichen, wurde ein Bewirtschaftungsplan erstellt mit dessen Maßnahmen bis 2027 die Ziele der WRRL erfüllt werden sollen. Die Bundesländer erstellen Bewirtschaftungspläne, in denen Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität festgelegt werden. Um sie zielgerichtet umzusetzen, werden von den Flussgebietsgemeinschaften alle sechs Jahre ebenso Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme mit Anrainerstaaten aufgestellt. Allerdings zeichnet sich jetzt bereits ab, dass die Umsetzung schleppend verläuft und Ausnahmen überstrapaziert werden sollen.
Was ist die Wasserrahmenrichtlinie und was regelt sie?
Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie ist das wichtigste europäische Wassergesetz. Im Jahr 2000 haben sich die EU-Mitgliedsländer darauf geeinigt, für alle Gewässer bis 2015 einen „guten Zustand“ zu erreichen. Weitere Verschlechterungen der Gewässerqualität sind grundsätzlich unzulässig. Da unsere Gewässer in den vergangen Jahrhunderten schwer geschädigt wurden, und manche Großprojekte mehr Zeit brauchen, sieht die Richtlinie auch vor, dass man für einzelne Gewässerabschnitte die Frist bis 2027 verlängern kann. Deichrückverlegungen, um Fluss und Aue wieder zu vernetzen, sind Beispiele für solche Großprojekte. Die Erfahrungen zeigen, dass solche Projekte durchaus fristgerecht durchführbar sind und einen hohen Mehrwert für Natur und Mensch besitzen.
Ziel der WRRL ist ein „guter ökologischer Zustand“ der Gewässer – was genau bedeutet das?
Ob das Wasser sich in einem „guten Zustand“ befindet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Um den ökologischen Zustand zu bewerten, wird bei Flüssen zum Beispiel überprüft, ob die für den Fluss typischen Fische und Pflanzen vorkommen und wie viele von ihnen vorhanden sind. In Deutschland erreichen fast alle Flüsse (92 Prozent) laut BUND dieses Ziel nicht. Zur Beurteilung der Qualität eines Gewässers wird außerdem der chemische Zustand betrachtet. Allein aufgrund der hohen Quecksilber-Belastung (z.B. durch den Kohlebergbau) ist der chemische Zustand aller deutschen Gewässer schlecht. Beim Grundwasser wird zwischen dem mengenmäßigen und den chemischen Zustand unterschieden. Insbesondere wegen Nitrat sind ein Drittel aller Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand.
Was hat die Wasserrahmenrichtlinie mit meinem Trinkwasser zu tun?
Gesunde Gewässer schenken uns gesundes Trinkwasser. Unser Trinkwasser wird aus Grundwasser, Flüssen und Seen gewonnen. Einfach aus einem Bach trinken – das ist meistens nicht zu empfehlen. Überwiegend muss unser Wasser aufbereitet werden, damit es bedenkenlos getrunken werden kann. Je besser die Qualität unseres Grundwassers sowie der Flüsse und Seen ist, desto einfacher ist es, das Wasser als Trinkwasser aufzubereiten. In Deutschland haben die Trinkwasserversorger jedoch mit zu viel Nitrat, aber auch immer mehr Schadstoffen wie Sulfat oder Quecksilber zu kämpfen. Dies führt dazu, dass Trinkwasserbrunnen geschlossen werden und die Wasserwerke unter hohem Kosten- und Energieaufwand mit zusätzlichen Reinigungsstufen aufgerüstet werden müssen.
Trinkwasser wird auch in Zukunft ein sicheres Lebensmittel bleiben – aber bei steigenden Kosten für die Verbraucher. Die Trinkwasserpreise in Deutschland sind etwa zwischen 2005 und 2016 insgesamt um 17,6 Prozent gestiegen. Unser Trinkwasser muss besser geschützt werden. Der BUND fordert deshalb von der Politik die engagierte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, ein ambitioniertes Reduktionsprogramm für Pestizide und ein besseres Düngerecht. Es ist falsch, dass Verbraucher dafür bezahlen, dass die Verschmutzungen aus der (Agrar-)Industrie aus unserem Wasser herausgefiltert werden müssen. Statt zu versuchen, den Schaden nachträglich mit hohen Kosten und Aufwand zu minimieren, sollten gewässerschädliche Substanzen gar nicht erst ins Wasser gelangen. Wenn wir also die Gewässerqualität nach der Wasserrahmenrichtlinie verbessern, dann nützt das nicht nur der Natur, sondern allen voran auch uns Menschen.
Die deutschen Gewässer sind in einem schlechten Zustand. Wo liegen die Herausforderungen?
Um die Wasserrahmenrichtlinie konsequent umzusetzen, müssen zum einen verschiedene Formalien eingehalten werden. Hier ist Deutschland ganz gut aufgestellt, dennoch gibt es große Lücken. Deshalb haben BUND und Nabu eine gemeinsame Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Zum anderen muss Deutschland Maßnahmen ergreifen, damit alle Gewässer bis 2027 einen „guten Zustand“ erreichen. Bei dieser praktischen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hinkt Deutschland massiv hinterher. Um den Gewässerzustand zu verbessern, müssen alle Stellen an einen Strang ziehen. Stattdessen kämpfen Wasserbehörden und Umweltschützer oftmals allein gegen die übermächtige Lobby aus Agrarindustrie, Verkehr und Wirtschaft. Die Wasserbehörden sind mit zu wenig Geld und Fachpersonal ausgestattet, um die nötigen Maßnahmen einzuleiten. Oftmals fehlt es auch an den notwendigen Kompetenzen. Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist aber keine alleinige Aufgabe der Wasserbehörden. Alle Politikzweige müssen sich an das europäische Recht halten und eine konsequente Umsetzung des europäischen Wasserschutzes vorantreiben. Die Wasserrahmenrichtlinie hat wenige harte Kriterien. Sie lässt den Mitgliedstaaten viel Spielraum, so dass jedes Land seine eigenen Strategien entwickeln muss, wie es das Ziel „guten Zustand“ erreichen kann.
Ein Beispiel: Die Richtlinie gibt vor, dass an einem Gewässer eine bestimmte Insektenart vorkommen muss. Weiß man, dass bestimmte Pestizide aus der Landwirtschaft dieser Insektenart schaden, so muss das Land dafür sorgen, dass der Einsatz dieses Pestizids gänzlich verboten oder zumindest in der Wasserumgebung eingeschränkt wird. Jedoch gibt es in Deutschland keine ausreichend breiten, verbindlichen Pufferzonen wie etwa Gewässerrandstreifen zwischen Landwirtschaft und Gewässer.
Unsere Flüsse, Seen uns Bäche leiden unter vielfältigen Problemen
Deutschlands Flüsse sind oft weit von ihrem natürlichen Zustand entfernt. Selbst kleinste Fließgewässer sind begradigt, vertieft, gestaut und verbaut. Durch diese bauliche Eingriffe sind wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren gegangen. In begradigten Flüssen mit befestigten Ufern haben Fische, Muscheln, Krebse und andere Wasserbewohner kaum eine Chance. Auch mangelnde Durchgängigkeit erschwert das Leben im Fluss. An den Bundeswasserstraßen versperrt durchschnittlich alle zwei Kilometer ein Querbauwerk, etwa eine Stauanlage, den Weg der Fische zu ihren Laichplätzen.
Weitere Hemmnisse und Erschwernisse
- Ein weiteres Problem für die Qualität unserer Gewässer sind Schadstoffe, die nicht nur direkt, zum Beispiel durch Einleitungen der Industrie, sondern auch indirekt, unter anderem durch die aus der Landwirtschaft stammenden, zu hohen Belastungen durch Nährstoffe, Feinsedimenteinträge und Pflanzenschutzmittel (Pestizide).
- Laut BUND ist es gerade die riesige Menge an Gülle, über 200 Millionen Kubikmeter, die jedes Jahr als Dünger auf unseren Feldern verteilt werden, wodurch Nitrat ins Wasser gelangt.
- Zusätzlich kommt es durch die immense Überdüngung häufig zu einem Nährstoffüberschuss. Algen können sich ungehindert vermehren und ein tödlicher Sauerstoffmangel im Gewässer auftreten, Seegebiete „kippen um“. Es kommt beispielsweise zu Blaualgenplagen.
- Erhöhte Nitratgehalte im Grundwasser beeinträchtigen aber auch die Trinkwasserqualität.
- Schadstoffe können einzelne Individuen, die Artenzusammensetzung einer Organismengemeinschaft oder ganze Wasserökosysteme beeinflussen, in die Nahrungsnetze gelangen und somit auch unsere Gesundheit belasten.
- Darüber hinaus lässt der Braunkohlebergbau die Grundwasserstände sinken.
- Verunreinigungen durch den Straßenablauf gelangen zudem ebenso in unsere Gewässer.
- Die Nutzung unserer Flüsse und Seen als Kühlwasserquellen für industrielle Anlagen führt zudem zu einem Anstieg der Wassertemperatur. Manche Fischarten mögen es aber eher kühl, zudem verringert sich der Sauerstoffgehalt.
- Die mangelnde Flächenverfügbarkeit verlangt ein funktionierendes Bodenordnungsverfahren, denn leider sind Bereiche zum Uferumbau selten im Besitz von Maßnahmenträgern und Behörden.
- Unzureichende Akzeptanz für Maßnahmen: Vielen Akteuren und Betroffenen sind die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie und die große Bedeutung von Gewässerschutz für Umwelt und Klima nicht oder nicht ausreichend bekannt. Da Gewässernutzende oft unterschiedliche Interessen verfolgen, führt dies zu Widerständen und Verzögerungen bei der Umsetzung.
Lebendige Gewässer benötigen sauberes Wasser und geeignete Lebensräume
Sie benötigen u.a. standortgerecht Ufergehölze mit verzweigtem Wurzelwerk, langsam und schnell strömende Bereiche, Flachwasserbereiche und Kolke. Pfahlbuhnen als Initiatoren für Gewässerentwicklung entfalten als Strömungslenker eine Breitenentwicklung. Zudem können sie Kolke und Tiefenrinnen initiieren. Sich ständig dynamisch umlagernde Kies- und Sandbänke sind ebenso förderlich wie auch das Anliegen von Uferrandstreifen. Sie reduzieren den Nährstoffrückhalt und halten den Oberbodeneintrag von angrenzenden Ackerböden zurück, ermöglichen so Pufferstreifen für Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Sie bieten zudem wertvolle Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen. Solch Aufwertungen eines Gewässerabschnittes sind z.B. in einer Bachpatenschaft möglich. So können ehrenamtlich tätige Bevölkerungsgruppen und Schulklassen unter der Obhut von fachlichen Experten etwa durch Einbringen von Totholz, Störsteinen und Raubäumen zur Renaturierung und Verbesserung von Fließgewässern selbst beitragen. Letztere sind frisch gefällte Nadelbäume oder Kronen, welche die Eigendynamik in der Sohle bzw. im Profil fördern neben Fischunterständen verschiedenste Habitate für die Tier- und Pflanzenwelt am Gewässer bieten. Das Pflanzen von Weidenstecklingen und Erlensämlingen stabilisiert den Uferbereich in ausgeräumten Gewässerlandschaften. Der Einbau von Holzbuhnen und das Anlegen von kleineren Laufverlängerungen des Gewässers fördert ebenso die Qualität in Ufernähe und lassen ein fließendes Gewässer mäandern.
Hingegen stehen aktuelle Pläne Polens für den weiteren Oder-Ausbau in krassem Widerspruch zu den Zielen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH). Überdies haben die polnischen Behörden das Projekt genehmigt, ohne ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen. Eine ökologische Katastrophe! Die Wasserrahmenrichtlinie muss schleunigst durchgreifend zur Anwendung werden. So muss die Europäische Kommission die Finanzierung des Oder-Ausbaus aus EU-Mitteln umgehend einstellen. Der von den polnischen Behörden als Grund für den Ausbau angegebene Hochwasserschutz ist laut Umweltorganisationen Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), dem WWF und dem polnischen Flussschutzbündnis „Koalicja Ratujmi Rzeki“nur vorgeschoben. Vielmehr solle damit verstärkte Binnenschifffahrt ermöglicht werden, weshalb sie wenige Monate nach dem Fischsterben in der Oder bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Ausbau des Flussbetts durch Polen eingereicht haben.
Maßnahmen zur Verbesserung des WRRL Zustands
Etwa die Hälfte der Flüsse und Bäche wurden in Deutschland als „erheblich verändert“ oder „künstlich“ ausgewiesen. Für diese Gewässer gilt, im Gegensatz zu den natürlichen Gewässern, nicht der gute ökologische Zustand als Ziel, sondern das gute ökologische Potenzial. Die Ziele sollten alle Fließgewässer möglichst im Jahr 2021 erreichen. Da das Ziel verfehlt wurde, gilt es den nächsten Bewirtschaftungszyklus zu nutzen, um bis spätestens 2027 die anspruchsvollen Ziele der EG-WRRL annähernd zu erreichen.
Umfangreiche Maßnahmen für die Verbesserung der Gewässer sind nach dem vorliegenden Zustandsbericht 2021 laut des Bundesumweltamtes für die nächsten Jahre geplant. In über 80 Prozent der Oberflächengewässer sind Renaturierungen zur Verbesserung der Lebensräume für Tiere und Pflanzen vorgesehen. Die Nähr- und Schadstoffeinträge sollen spürbar verringert werden. In über 60 Prozent der Gewässer werden dafür die Einträge aus diffusen Quellen und in fast 30 Prozent aus Punktquellen reduziert. Im Grundwasser überwiegen mit über 50 Prozent Maßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich zur Reduzierung der Belastungen aus diffusen Quellen.
Ablesbarer Zustand der Gewässer vor der eigenen Haustür
Auf der Seite des Umweltbundesamtes ermöglicht das Dashboard des Bundes zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ausführliche Einblicke über die ökologische, chemische und mengenmäßige Bewertung der Oberflächengewässer und des Grundwassers. https://experience.arcgis.com/experience/e1fd69a6ac8a4bdbae7df4b5b9f062bb
(Autor: Thomas Löb, 23-11-2022)